Blutföhre

Dieser historische Roman ist das zweite Buch in diesem Jahr, das ich nicht bis zum Schluss lesen konnte. Immerhin habe ich mich durch 60% des Werks gekämpft, bevor ich aufgeben musste.

Woran hat es bei diesem Werk gelegen?

Wie so häufig sind es mehrere Gründe, die mich zum Abbrechen eines Buches bewegen. Hier kommen die nervigsten.

Blumige Übertreibungen

Das Buch ist voll von blumigen Umschreibungen, die teilweise derart überhand nehmen, dass der Sinn der Aussage verloren geht. Diese Umschreibungen haben leider gar nichts mit einem alten Sprachstil gemein, der den Leser ins Mittelalter versetzen könnte.

Ein Beispiel aus dem zweiten Kapitel des Buchs zeigt diese blumigen Umschreibungen, die den Sinn eines Satzes zunichte machen. Das Zitat stammt von Pos. 293:

“Sie erforschte die Maserung des Bodens, nur um ihn mit dem nächsten Wimpernschlag zu verbrennen.”

Der Boden verbrannte natürlich nicht. Auch handelt es sich nicht um eine Hexe, die einen Fluch ausgesprochen hat. Der Sinn dieser Aussage ist für den Leser nicht wirklich greifbar. Leider passiert dies an recht vielen Stellen, was den Lesefluss massiv stört. Wie gesagt, handelt es sich hier lediglich um ein beispielhaftes Zitat. Das Buch ist durch und durch mit solchen sinnfreien Aussagen durchzogen.

 

Fehler in Sprache und Logik

Zusätzlich gibt es recht viele Fehler. Ein Boden, der auf den Hinterkopf fällt, mag noch in die Kategorie sprachliche Besonderheit fallen, wenn eine Person zu Boden fällt. Aber Sätze wie

“Mit einem Stich endete der Druck in seiner Brust und Luft strömte Luft zurück durch ihn”

(Pos. 2299) oder

“Sein Bericht jagten den Schlaf davon Entsetzen und in ihre Glieder” (Pos. 2371)

sind nicht nur sprachlich fehlerhaft, sondern auch logisch unschlüssig. Leider gibt es von diesen sprachlichen Fehlern recht viele, die teilweise komplette Absätze in keinerlei Kontext setzen können.

Zusätzlich springt die Autorin in den Handlungen. Laufen die Protagonisten gerade noch durch den Flur eines Schlosses, so reiten sie ein paar blumige Aussagen später durch das Feld. Dem Leser wird es unmöglich gemacht, an diesen Stellen der Handlung zu folgen.

 

Belanglose Handlung

Leider sucht man als Leser vergeblich einen Spannungsbogen. Ja, es gibt ein paar Wendungen, aber diese sind meist vorhersehbar und treiben die Geschichte nicht wirklich voran. Vielmehr plätschern die Ereignisse vor sich hin und verlaufen sich in belanglosen Unterhaltungen. Es ist schon fast eine Frechheit, dass dieses Buch als “Historischer Roman” deklariert wurde, spielt er doch lediglich in einem Monat eines Jahres.

 

“Unterlippenkauen”

Ebenfalls eine sprachliche Eigenart in diesem Buch ist das Kauen auf Unterlippen. Viele Neuautoren lassen ihre Protagonisten auf den Unterlippen kauen. In diesem Buch kauten oder nagten die Protagonisten an weit über 20 Stellen auf ihren Unterlippen herum. Warum eigentlich?

Wobei es immer die Unterlippe ist. Es könnte ja auch mal die Oberlippe sein. Aber nein, es ist immer die Unterlippe, auf der gekaut oder genagt wird.

Es ist ein Umstand, der mir bei vielen Erstlingswerken auffällt. Folgend ein kleiner Auszug aus dem Buch, wobei mir ein paar saugende und genagte Lippen durch die Lappen gegangen sind.

Pos. 287: […] kaute auf seiner Unterlippe. Pos 1002: Sie biss sich auf die Unterlippe. Pos 1914: […] dass er auf seiner Unterlippe kaute. Pos. 2037: […] und kaute auf der Unterlippe, […] Pos. 2130: […] die Unterlippe eingesaugt. Pos. 2132: Der Graf kaute auf seiner Unterlippe. Pos. 2319: Lennart saugte an seiner Unterlippe. Pos. 2431: Ulrich kaute auf seiner Unterlippe. Pos. 2840: […] und kaute auf ihrer Unterlippe. Pos. 2917: Sie kaute auf ihrer Unterlippe […] Pos. 3115: Es biss sich auf die Unterlippe, ohne den Schmerz zu bemerken […] Pos. 3687: […] und kaute auf seiner Unterlippe. Pos. 3826: […] und sog an ihrer Unterlippe. Pos. 4083: Agnes kaute auf ihrer Unterlippe. Pos. 4272: Er kaute auf seiner Unterlippe. Pos. 4389: Sie nagte an ihrer Unterlippe. Pos. 4496: […] und kaute auf ihrer Unterlippe. Pos. 4709: Die Unterlippe malträtierte er mit den Zähnen. Pos. 4719: […] kaute er auf seiner Unterlippe. Pos. 5220: […] und kaute auf ihrer Unterlippe.

 

Fazit

Ein wenigstens laienhaftes Lektorat hätte diesem Buch sicherlich gutgetan. Oder wenigstens ein Korrektorat, so dass die gröbsten sprachlichen Fehler ausgebügelt hätten werden können. Allerdings müsste der Geschichte zusätzlich ein bisschen mehr Handlung gegeben werden. Denn das Buch beginnt Mitte März 1268 und endet Ende März 1268 (ohne Epilog). Trotzdem muss der Monat und das Jahr unter jedem Kapitel angegeben werden. In diesen paar Wochen passiert einfach zu wenig, als dass es den Leser wirklich fesseln könnte.

Zusätzlich gibt es einfach zu viele sinnbefreite Passagen, die sich weder toll anhören, noch irgendwie in die deutsche Sprache passen. Dieses Buch sollte tatsächlich niemandem zugemutet werden.

Bewertung: ✦✧✧✧✧

 


Anmerkung: Es ist nun schon was her, seit ich diese Rezension geschrieben habe und mir ist aufgefallen, dass der Autor eine neue Revision online gestellt hat. Nicht, dass ich regelmäßig meine Lowlights checke, aber dieses Buch ist nach wie vor mein Negativbeispiel, wie Selfpublisher Bücher auf den Markt bringen, die keinem zugemutet werden sollten. Auch dann nicht, wenn es auf Amazon viele positive Rezensionen gibt.

Nach dem “Blick ins Buch” von Amazon ist mir aufgefallen, dasss mit dieser Revision viele sprachliche Fehler ausgemerzt wurden. Allerdings sind die blumigen und oftmals sinnfreien Beschreibungen geblieben, weshalb der Grundtenor dieser Rezension weiterhin Bestand hat.

 

Ein Kommentar

  1. Hey Frank,

    ich habe das Buch auch abgebrochen, allerdings werde ich im Laufe des Tages einen Abbruchbericht ohne Wertung veröffentlichen und würde dich gerne bei mir verlinken. Ich hoffe, das ist ok.
    Der Schreibstil war für mich ok, aber nichts Besonderes. Deine 1Sterne Rezension gibt mir nochmal andere Aspekte zum drüber nachdenken, ob das bei mir nicht ähnlich war. Ich konnte das nur nicht so richtig greifen und toll ausdrücken wie du.

    LG, Moni

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